Papst Franziskus ist im Heiligen Jahr als „Pilger der Hoffnung“ am Ziel seiner und unserer Pilgerschaft angekommen. Er fehlt uns. Er fehlt der Kirche und den Kirchenfernen, er fehlt den Glaubenden und Nichtglaubenden, er fehlt den jungen Menschen und den Alten, er fehlt im ökumenischen Dialog und im interreligiösen Gespräch, er fehlt als mahnende Stimme in der großen Weltpolitik und als kritische Stimme der Gesellschaft, er fehlt als ermutigende Stimme in unserer Kirche.
Als Nachfolger Petri, als Bischof von Rom, als guter Hirte hat der „Papst vom anderen Ende der Welt“ seit seinem Amtsantritt im Jahr 2013 viel bewegt und verändert. Ein Prophet unserer Tage, der die Wahrheit gesucht und gelebt hat, sich nicht entmutigen ließ und der seine Stimme nie zurückgehalten hat, auch wenn sie nicht immer und für alle eine bequeme war.
Er hat mit den jungen Menschen diskutiert, für die Alten und Großeltern einen Ehrentag geschaffen, hat mit den Kindern geplaudert, den Inhaftierten die Füße gewaschen, ist immer zuerst auf die Behinderten, Armen und Kranken zugegangen, er hat den Obdachlosen in Rom menschliche Würde gegeben, er hat die Kardinäle mit Hilfslieferungen in die Kriegsgebiete geschickt, er hat die Menschen wirklich geliebt.
Daheim war er bei den Menschen, nicht bei den Kardinälen und üppigen Gottesdiensten. Auf den Flüchtlingsinseln, an der Peripherie, in den Gefängnissen, bei den Missbrauchsopfern, bei den Geschundenen, in der einfachen Gästeunterkunft, nicht der vatikanische Palast war sein Zuhause. Der heilige Franz von Assisi, der arme Heilige und Reformer der Kirche war sein Anwalt und Fürsprecher, dessen Name er als Papst annahm.
Er wurde zum einsamen Papst während der Coronapandemie auf dem leeren verregneten Petersplatz vor dem alten römischen Pestkreuz und er wurde unablässig zum einsamen Beter in Santa Maria Maggiore vor dem alten römischen Marienbild.
Er redete unermüdlich von der Zärtlichkeit Gottes. Der barmherzige Gott war die Zusammenfassung seines theologischen Denkens, das Jahr der Barmherzigkeit war eine stille Revolution. Das hatte auch Konsequenzen für die pastorale Arbeit der Kirche mit den Menschen: Barmherzigkeit, Güte, Vergebung und Versöhnung für alle Menschen, auch die Gescheiterten.
Und er hat sich und seine Kurie nicht geschont. Seiner Berufung zum Jesuiten und Ordensmann ist er immer treu geblieben und wahrscheinlich hat mancher Ratschlag eines Mitbruders im Jesuitenorden bei ihm mehr ausgelöst als vorauseilende Zurufe mancher Kardinäle und Bischöfe.
Die Kirche war für ihn ein Feldlazarett, ein Umschlagplatz des Lebens, vor allem an den Rändern und auf den Straßen des Lebens, und nicht zuerst die Kathedralen und Paläste. Er hat die Einfachheit geliebt und gelebt, die Menschen gesucht, mit ihnen im Gästespeiseraum gegessen. Vielleicht hat er sich auf dem Weg zu seinem nahen Ordenshaus der Jesuiten in Rom sogar unerkannt unter die Menschen gemischt.
Das kleine Auto und in den letzten Jahren der Rollstuhl war sein Fuhrpark, das Flugzeug auf seinen ausgedehnten und unkonventionellen Reisen wurde zum Areopag für das Gespräch mit den Journalisten.
Synoden, Enzykliken und päpstliche Schreiben waren für ihn kein Pflichtprogramm, er konnte damit überraschen, manche hat er auch überfordert.
Und er ermutigte und zeigte vor, auch in der Kirche offen, ohne Maulkorb und angstfrei zu reden und zu diskutieren, auch wenn die Umsetzung für Neues nicht immer möglich war. Widerspruch blieb ihm nicht erspart.
Der verantwortungsvolle Umgang mit Gottes Schöpfung, die Sinnlosigkeit der Kriege, das kapitalistische Ausnützen dieser Welt, die grenzenlose Profitgier der Mächtigen und der Konzerne und der überhebliche Klerikalismus von Priestern und Laien in der Kirche waren ihm ein Dorn im Auge. Von seinem Krankenbett in der römischen Gemelli-Klinik rief der Papst zum Beginn der Fastenzeit auf: Die Gläubigen sollten prüfen, ob sie in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Pfarre oder Ordensgemeinschaft zur Gemeinschaft in der Lage sind, anstatt sich in „Selbstbezogenheit zu verschanzen und nur auf unsere eigenen Bedürfnisse zu achten“. Christen sollten „niemals Einzelgänger“ sein. Es gelte, „Seite an Seite zu gehen, ohne den anderen mit Füßen zu treten oder zu überwältigen.“
„Hoffe“, ist der Titel seines letzten Buches, seiner Autobiografie, vielfach gelesen von Kirchennahen und Kirchenfernen.
„Hoffe!“ – das ist seine Bitte an uns, sein bleibendes Testament.
Lieber Papst Franziskus, wir alle danken Dir, auch unsere Diözese, die Glaubenden und alle Menschen mit uns.
Immer hast Du gesagt: „Bitte vergesst nicht, für mich zu beten!“ Das wollen wir in dieser Stunde des Abschieds in großer Dankbarkeit tun. Und wir bitten auch dich: Denk an uns und bitte für uns und deine Kirche bei Gott, der den Tod verwandelt hat in einen Sieg in der Auferstehung Christi. Die Freude auf das von Gott verheißene ewige Leben möge dir und uns allen einmal geschenkt sein.
Foto: L' Osservatore Romano